Bestimmte, einen Ehepartner einseitig benachteiligende Regelungen in einem Ehevertrag können zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führen.
Relevant wird dieses Thema für Sie insbesondere dann, wenn es zu einer Ehescheidung kommt. Spätestens dann wird der durch die vertragliche Regelung benachteiligte Ehepartner den Vertrag auf seine Wirksamkeit überprüfen lassen.
Grundsätzlich gilt das Prinzip der Gestaltungsfreiheit
Wie Sie Ihren Ehevertrag gestalten und welche Themen Sie wie regeln ist erst einmal Ihnen selbst überlassen. Doch sogar vermeintlich kleine Fehler können bewirken, dass der Ehevertrag bei der Überprüfung durch ein Gericht als sittenwidrig erachtet wird. In diesem Fall sind sämtliche vertraglichen Regelungen hinfällig und an diese treten die gesetzlichen Regelungen.
Regelungen, die zu einer Sittenwidrigkeit des Ehevertrages führen können:
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Eheverträge einer Inhaltskontrolle und einer Ausübungskontrolle zu unterziehen.
Inhaltskontrolle des Ehevertrages:
Bei der Inhaltskontrolle wird auf die Verhältnisse und Zukunftsplanung der Ehegatten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages abgestellt. Es wird eine Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse der Ehepartner vorgenommen, insbesondere hinsichtlich ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse und des geplanten oder bereits verwirklichten Lebenszuschnitts.
Nur dann, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ausgeschlossen oder in erheblichem Maße eingeschränkt werden, ohne dass diese Nachteile entweder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten gerechtfertigt sind, oder anderweitig ausgeglichen werden, liegt eine Sittenwidrigkeit und damit Unwirksamkeit des Ehevertrages vor. Anstelle der vertraglichen Vereinbarungen treten dann die gesetzlichen Regelungen.
In den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts fallen nach der Lehre des BGH schwere Eingriffe in nacheheliche Unterhaltsansprüche und Ansprüche auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs, d. h. den Ausgleich der in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften.
Wird beispielsweise vertraglich der Verzicht der Ehefrau auf nachehelichen Ehegattenunterhalt vereinbart, obwohl die Ehefrau zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schwanger ist und keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, während der Ehemann selbstständiger Unternehmer ist und hohe Einkünfte erzielt, so führt diese vertragliche Regelung regelmäßig zu Sittenwidrigkeit des gesamten Vertrages.
Nicht in den Kernbereich fallen güterrechtliche Regelungen, wie beispielsweise die Vereinbarung der Gütertrennung.
Ausübungskontrolle:
Ergibt die Inhaltskontrolle eines Ehevertrages das dieser auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages bezogen nicht sittenwidrig ist, so erfolgt eine Ausübungskontrolle. Bei der Ausübungskontrolle sind maßgeblich die Verhältnisse im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe.
Haben sich im Laufe der Ehe Veränderungen ergeben, die beide Eheleute zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht bedacht haben, so findet eine Überprüfung durch das Gericht statt.
Erscheinen im Zuge der Ausübungskontrolle Regelungen des Ehevertrages nunmehr als missbräuchlich, sodass das Vertrauen des Begünstigten in den Fortbestand des Vertrages nicht mehr als schutzwürdig anzusehen ist, so kann sich dieser nicht mehr auf diese Regelung des Ehevertrages berufen.
Beispiel:
Beide Ehepartner gingen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages davon aus, keine Kinder zu wünschen oder aus biologischen Gründen keine Kinder bekommen zu können. Sie wollten beide in der Ehe vollzeitig berufstätig sein und vereinbaren im Ehevertrag den Ausschluss von nachehelichen Unterhaltsansprüchen. Später wird die Ehefrau unerwartet schwanger und bekommt ein Kind. Kurze Zeit später trennen sich die Eheleute lassen sich scheiden. Der Ehemann will keinen Unterhalt an die Ehefrau zahlen.
In diesem Fall wird der Richter im Zuge der Ausübungskontrolle den vertraglichen Ausschluss des nachehelichen Unterhalts für missbräuchlich erachteten und an dessen Stelle die gesetzlichen Regelungen zum nachehelichen Betreuungsunterhalt anwenden.
Beachte:
Bei der Ausübungskontrolle werden lediglich auf den Zeitpunkt des Scheiterns der ehebezogene aufgrund veränderter Verhältnisse nunmehr als missbräuchlich anzusehende Regelungen unwirksam und an deren Stelle vom Gericht Rechtsfolgen angeordnet, die den berechtigten Belangen beider Parteien Rechnung tragen.
Die Ausübungskontrolle führt nicht zur Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit des gesamten Vertrages.
Anpassung des Ehevertrages an geänderte Verhältnisse
Ein Ehevertrag ist nicht in Stein gemeißelt. Wenn sich im Laufe ihrer Ehe die bei Abschluss des Vertrages zugrundegelegten Verhältnisse ändern, so können und sollten Sie die ehevertraglichen Regelungen entsprechend anpassen um dem Risiko der Sittenwidrigkeit oder Abänderung des Ehevertrages im Zuge der Ausübungskontrolle vorzubeugen.
In jedem Fall sollten Sie einen Ehevertrag von einem Fachanwalt im Familienrecht erstellen oder zumindest, wenn sie bereits einen Ehevertrag haben, überprüfen lassen.
Gerne stehe ich Ihnen diesbezüglich bei all Ihren Fragen zur Seite. Bei Unklarheiten in Bezug auf Ihren Ehevertrag setzen Sie sich mit mir in Verbindung.