In meinem Artikel vom 31.03. 16 hatte ich bereits über die „Konkludente Ehegatteninnengesellschaft“ als güterrechtlichem Ausgleichsanspruch referiert.
Heute möchte ich Ihnen eine andere Möglichkeit, in der Ehe für den Ehepartner investiertes Geld zurückzubekommen, vorstellen.
Es ist mir passiert
und geschieht auch vielen anderen, die in dem Glauben an den Ehepartner und den Bestand der Ehe ohne vertragliche Regelungen dem anderen Geld zur Verfügung stellen. Die Ehe geht in die Brüche, der Ehepartner beruft sich auf den Ehevertrag, der Gütertrennung vorsieht, und der Ehegatte, der ihm sein Geld gegeben hat, steht mit leeren Händen da.
1. Der Rettungsanker: Die „ehebezogene Zuwendung“!
Was ist das, werden Sie sich fragen?
Es ist eine von der Rechtsprechung entwickelte Ausgleichsmöglichkeit, in Fällen, in denen aufgrund von ehevertraglichen Regelungen oder anderen besonderen Umständen eine unzumutbare Benachteiligung des zuwendenden Ehegatten entsteht, dieser also für seine finanzielle Zuwendung ansonsten nach der Trennung keinerlei Ausgleich erhalten würde.
Beispiele, in denen über die „ehebezogene Zuwendung“ ein ansonsten in den konkreten Fällen nicht erfolgter Ausgleich vorgenommen wurde:
- Die Mutter von drei Kindern investiert kurz vor der Trennung ihr gesamtes Erbe in das Haus des Ehemannes ( OLG München FamRZ 1999, S. 1663 )
- Ein Ehegatte wendet die von der Unfallversicherung erhaltene Entschädigung für eine schwere Augenverletzung in den gemeinsamen Hausbau (OLG Stuttgart FamRZ 1994 S. 1326 )
- Überlassung eines sechsstelligen Betrages an den Ehegatten zur Tilgung von Schulden gut 2 Jahre vor der Scheidung der lediglich vierjährigen Ehe ( LG Mainz Urteil vom 04.12.2002, Az: 9 O 145/02 )
2. Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs aus „ehebezogener Zuwendung“.
Es muß ein Vermögenstransfer stattfinden, durch den der eine Ehegatte unmittelbar einen Substanzverlust und der andere einen Substanzgewinn in seinem Vermögen zu verzeichnen hat. Es müssen also direkte Übertragungen von Vermögenswerten vom einen auf den anderen Ehegatten erfolgen.
Zudem muß die Ehe noch „gelebt“ werden. Ist die Ehe schon gescheitert und die Trennung erfolgt oder beabsichtigt, kann eine Zuwendung nicht mehr zur Verwirklichung der Ehe erfolgen.
a) Es liegt keine Schenkung vor
Wollte der zuwendende Ehegatte dem anderen „nur“ eine Freude machen und schenkt ihm z. B. ein Schmuckstück aus reiner Freigiebigkeit, so liegt eine Schenkung und keine ehezogene Zuwendung vor.
Ehebezogene Zuwendungen erfolgen nicht aus reiner Großzügigkeit, sondern in der (unausgesprochenen) Erwartung, dass die Ehe Bestand haben werde. Der übertragene Vermögenswert soll einen Beitrag zur Verwirklichung, Ausgestaltung und Erhaltung der Ehe leisten und der übertragende Ehegatte erwartet, dass er innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft weiter an dem Vermögenswert oder dessen „Früchten“ partizipiert.
Dies wird bspw. der Fall sein, wenn ein Ehegatte dem anderen Geld für den Bau eines Hauses auf dessen Grundstück gibt, in dem die Familie später leben soll.
b) Mitarbeit ist keine Zuwendung
Arbeitet der eine Ehegatte z. B. unentgeldlich im Betrieb des anderen mit, so ist dies keine ehebedingte Zuwendung. Nach der Rechtsprechung des BGH kann Mitarbeit nicht „zugewendet“ werden.
In diesen Fällen kann ein Ausgleich über die „konkludente Ehegatteninnengesellschaft“ oder den „familienrechtlichen Kooperationsvertrag“ erfolgen, dem ich einen weiteren Artikel widmen werde.
c) Was kann zugewendet werden?
Nach der Rechtsprechung des BGH können lediglich Sachen zugewendet werden, also Geld oder Gegenstände. Dienstleistungen stellen nach der Auffassung des BGH keine „Zuwendungen“ dar.
d) Wer kann zuwenden?
In erster Linie natürlich der Ehegatte, der dem anderen Geld oder Gegenstände gibt. Möglich ist jedoch in Ausnahmefällen auch, dass ein naher Angehöriger dem Ehegatten etwas zuwendet und zwar dann, wenn er es im Hinblick auf die bestehende Ehe tut. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Vater dem Ehemann der Tochter Geld für das in dessen Eigentum stehende und von beiden bewohnte Haus gibt.
e) Wann ist der Anspruch „fällig“, d. h. durchsetzbar?
Voraussetzung ist das Scheitern der Ehe. Erst dann ist ja die „Geschäftsgrundlage“, die eheliche Lebensgemeinschaft, entfallen. Maßgeblicher Zeitpunkt ist also die Trennung der Eheleute. Diese Auffassung wird auch vom BGH vertreten ( BGHZ 142, 137, 149; BGH FAmRZ 2007, 877 ). Es gibt jedoch auch Oberlandesgerichte, die auf die Scheidung als maßgeblichen Zeitpunkt abstellen ( OLG München FamRZ 1999, 1663; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 1148; OLG Oldenburg FamRZ 2008, 993 ). Gerichtlich geltend gemacht werden kann der Anspruch jedenfalls wohl in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH erst dann, wenn der Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten zugestellt wurde ( BGH FamRZ 2007, 877 ).
f) Zugewinnausgleichsberechnung muß bei gesetzlichem Güterstand dargelegt werden
Da die „ehebezogene Zuwendung“ nur dann zu einem Ausgleichsanspruch führen soll, wenn ansonsten eine unzumutbare Benachteiligung des zuwendenden Ehegatten entstünde, ist ja dann, wenn keine güterrechtliche Vereinbarung vorliegt, erst einmal zu prüfen, ob ein finanzieller Ausgleich nicht über den Zugenwinnausgleichsanspruch erzielbar ist. So ist auch nachvollziehbar, dass der Anspruch aus ehebedingter Zuwendung erst ab Rechtshängigkeit (Zustellung) des Scheidungsantrages gerichtlich geltend gemacht werden kann, denn dies ist der Stichtag für das Endvermögen im Zugewinnausgleich.
Es muß also eine vollständige Zugewinnausgleichsberechnung mit Darstellung des Anfangs- und Endvermögens beider Eheleute erfolgen um die „unzumutbare Benachteiligung“ zu belegen.
g) Verjährung des Anspruchs
Der Anspruch verjährt gem. §195 BGB in drei Jahren.
Sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem sich die Eheleute getrennt haben. Bis zur Rechskraft der Scheidung ist die Verjährung aber gem. § 207 BGB gehemmt ( d. h. angehalten ).
Wird die dingliche Rückübertragung von Immobilien verlangt, so beträgt die Verjährungsfrist 10 Jahre und richtet sich nach § 196 BGB, was jedoch in der Rechstprechung umstritten ist. Für Schwiegerelternschenkungen hat der BGH dies jedoch so entschieden ( BGH vom 03.12.2014, Az: XII ZB 181/13 ).
Wer sicher gehen will, sollte jedoch auch hier von einer dreijährigen Verjährungsfrist ausgehen.
h) Die zugewendete Sache oder die Wertschöpfung daraus muß noch vorhanden sein
Bei dem Ehegatten, der die Zuwendung erhalten hat, muß also zum Zeitpunkt der Trennung noch das Vermögen vermehrt sein. Es kann nur ein Ausgleich in maximal der Höhe erfolgen, in der noch ein Vermögenszuwachs bei dem Zuwendungsempfänger vorliegt.
i) Die Zuwendung darf nicht „eheüblich“ sein
Das Ehegatten dem anderen ihren wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechend kleinere Sachen überlassen, bzw. „schenken“, ist normal und soll nicht zu einem Ausgleichsanspruch über die ehebedingte Zuwendung führen.
Dieser Anspruch bleibt solchen Übertragungen vorbehalten, die außer Verhältnis zu den Einkünften und Vermögensverhältnissen des Zuwendenden stehen.
Das ist z. B. dann der Fall, wenn eine Krankenpflegerin ihrem Mann 20.000,- € gibt, welche sie sich entweder mühsam von ihrem Einkommen zusammengespart hat, oder für die sie sogar einen Kredit aufnehmen muß.
j) Es darf keine adäquate Gegenleistung vorliegen
Wie bereits ausgeführt muß die Zuwendung letztendlich zu einer unzumutbaren Benachteiligung führen. Eine solche liegt nur dann vor, wenn der Zuwendende keinen angemessenen Ausgleich erhält.
Bei Bestehen der gesetzlichen Zugewinngemeinschaft erfolgt ein Ausgleich in den meisten Fällen über den Zugewinnausgleich. Wurde aber vertraglich Gütertrennung vereinbart, können solche Benachteiligungen eher auftreten. Die Rechtsprechung beschränkt die Gewährung eines Ausgleichsanspruchs über die ehebedingte Zuwendung auf recht extreme Ausnahmefälle, wie die oben dargestellten.
k) Rechtsfolge bei bestehendem Anspruch
In den meisten Fällen besteht nur ein Anspruch auf Geld, auch dann, wenn Sachen zugewendet wurden. Dies deshalb, weil zumeist kein voller Ausgleich geschuldet ist. Für den Zeitraum in dem die Ehe nach erfolgter Zuwendung noch Bestand hatte, hat die Zuwendung ja ihren „Zweck“, nämlich an dem Vermögenswert oder dessen „Früchten“ teilzuhaben, erfüllt. Dafür sind Abzüge vorzunehmen. Wie hoch die sind, ist eine Frage der Billigkeit und damit der Umstände des Einzelfalles.
Kriterien sind hier:
- die Ehedauer ab erfolgter Zuwendung,
- die Höhe der noch vorhandenen Vermögensmehrung,
- Alter der Ehegatten,
- Einkommensverhältnisse des zuwendenden Ehegatten,
- Ausmaß der Mitarbeit oder anderer erbrachter Leistungen des durch die Zuwendung begünstigten Ehegatten,
- zukünftige Verdienstmöglichkeiten der Eheleute,
- dem Zuwendenden verbliebenes Vermögen,
- Belastungen, die der Begünstigte zu tragen hatte,
- etc.
Fazit:
Die Anspruchsvoraussetzungen sind vielfältig und über einige besteht auch in der Rechtsprechung noch keine Einigkeit. Doch es ist eine Chance, insbsondere bei bestehender Gütertrennung einen Ausgleich für finanzielle oder sachbezogene Zuwendungen in das Vermögen des anderen Ehepartners zu erhalten.
Besser ist es jedoch, wenn man solche Zuwendungen tätigen möchte, eine vertragliche Vereinbarung mit anwaltlicher Unterstützung zu schließen. Dann sind Sie abgesichert und haben einen konkreten Anspruch, der Ihnen die Unwägbarkeiten des Nebengüterrechts und hier des Anspruchs aus ehebedingter Zuwendung erspart.
Gerne berate und unterstütze ich Sie, wenn Sie Ihrem Ehepartner etwas zuwenden wollen, oder, wenn Sie zu Ihrer Absicherung einen Ehevertrag abschließen möchten,
Ihre Fachanwältin für Familienrecht in Heidelberg, Mannheim, Nußloch, Walldorf, Wiesloch, Leimen, Schwetzingen und natürlich Sandhausen und Umgebung.
Wenn Sie sich intensiv mit dem Nebengüterrecht beschäftigen möchten, lege ich Ihnen das Buch zum Nebengüterrecht von Dr. Thomas Herr ans Herz.