Häufig besteht der vermögendere Partner vor Eheschließung auf dem Abschluß eines Ehevertrages, in dem die Gütertrennung vereinbart wird.
Wenn die Eheleute sich dann später trennen behält grundsätzlich jeder sein Vermögen.
Das kann jedoch in vielen Fällen zu äußerst ungerechten Ergebnissen führen.
Hierzu ein paar Beispiele:
- Der Ehemann M gründet während der Ehe eine Schreinerei und die Ehefrau F übernimmt die komplette kaufmännische Seite, führt also die Büroarbeiten eigenständig durch. Beide sind sehr tüchtig und die Schreinerei floriert. Nach 15 Jahren hat die Schreinerei einen Verkehrswert von 200.000,-€. Nun trennt sich M von F.
- F arbeitet zwar nicht im Betrieb mit, gibt dem M aber aus ihrem Vermögen 50.000,€ als Startkapital zur Gründung des Betriebes.
- F gehört ein Grundstück, auf das die Eheleute ein Haus bauen wollen. M ist als Bauhandwerker vom Fach und baut das Haus überwiegend in Eigenleistung.
Die vereinbarte Gütertrennung führt im ersten Fall dazu, dass die F keinen Anspruch auf die von ihr mit aufgebaute Schreinerei hat und auch keinen finanziellen Ausgleich für ihre Leistung verlangen kann.
Im zweiten Fall hat die F wegen der Gütertrennung keinen Anspruch auf Rückzahlung des von ihr in den Betrieb des Mannes investiertes Vermögen.
Bei der dritten Fallkonstellation hat der M durch seine Tätigkeit allein das Vermögen der F vermehrt. Dieser gehört das Grundstück und damit auch das von ihm darauf gebaute Haus.
Dieser Ungerechtigkeit muß doch irgendwie abgeholfen werden können, doch wie?
Ist die vereinbarte Gütertrennung hier sittenwidrig und der Ehevertrag insoweit nichtig?
Der BGH zählt güterrechtliche Vereinbarungen nicht zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts, was dazu führt, dass güterrechtliche Vereinbarung von den Gerichten nahezu immer als wirksam erachtet werden. Es ist daher nicht erfolgversprechend den Ehevertrag insoweit wegen Sittenwidrigkeit der güterrechtlichen Vereinbarung anzugreifen.
Die Lösung ist das sogenannte „Nebengüterrecht“.
Die Rechtsprechung wollte in solchen Fällen schon seit geraumer Zeit eine Ausgleichsmöglichkeit schaffen und hat das „Nebengüterrecht“ ins Leben gerufen.
Für die oben genannten Fälle wurde die „konkludente Ehegatteninnengesellschaft“ als Lösungsmöglichkeit entwickelt.
Je nachdem, ob, wie im ersten Fall, Arbeitsleistungen in Form einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit erbracht werden oder, wie im zweiten Fall, Geld in den Betrieb des Ehepartners investiert wird, sind unterschiedliche Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen. Gleiches gilt auch für den dritten Fall.
Das Hauptproblem in Fällen, wie den oben genannten, ist, dass man ja meist keine konkreten Abreden trifft, oder gar Verträge schließt. Man tut dies ja im Hinblick und im Vertrauen auf die bestehende Ehe und sieht es als selbstverständlich an, den Ehepartner zu unterstützen.
Voraussetzungen für das Vorliegen einer „konkludenten Ehegatteninnengesellschaft“.
Zunächst einmal müssen die Ehegatten bei der Vermögensmehrung die Vorstellung gehabt haben, dass dies ihnen beiden zugute kommen und nicht nur der formal Berechtigte hiervon profitieren sollte.
Im ersten und zweiten Fall müssen M und F also davon ausgegangen sein, dass sie beide an der Schreinerei und den daraus erzielten Einkünften partizipieren. Ebenso müssen im dritten Fall die Eheleute das Häuschen als ihr gemeinsames Ehedomizil angesehen haben.
Zudem muß etwas gewollt sein, was über die eigentliche Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht, also eine Art „Geschäftswille“. Es darf daher nicht „nur“ bspw. die Schaffung eines Familienwohnsitzes bezweckt werden. Bloße Gefälligkeiten, die als im Rahmen einer Ehe üblich angesehen werden können, reichen nicht aus.
Die erbrachten Leistungen müssen darüber hinaus einen Vermögenswert besitzen, es kann sich dabei um Mitarbeit, Sach- und Finanzleistungen handeln.
Ein ganz wichtiges und zugleich auch problematisches Merkmal ist eine unzumutbare, ungerechte Benachteiligung eines Ehegatten. Es muß also feststehen, dass ohne einen Ausgleich über das Nebengüterrecht ein Ehegatte wirtschaftlich in enormem Maße benachteiligt wird und er anderweitig z. B. wegen der Gütertrennung keinen Ausgleich erhalten kann und wird.
Hier sind wir Anwälte gefragt. Zu diesem Punkt müssen wir konkrete und die Benachteiligung deutlich dokumentierende Ausführungen machen.
Nun werden Sie sich wahrscheinlich immer noch fragen, woran man denn konkret erkennen kann, dass eine Ehegatteninnengesellschaft vorliegt. Welche Argumente können hierfür vorgebracht werden?
Bezogen auf die ersten beiden oben genannten Fälle, wären Indizien für das Bestehen einer Ehegatteninnengesellschaft bspw.:
- wenn beide Ehegatten vom Geschäftskonto Privatentnahmen tätigen können,
- erzielte Erlöse für gemeinsame Anschaffungen verwendet werden,
- beide Ehegatten gezielt zur Schaffung von Vermögenswerten zusammenarbeiten,
- gemeinsam ein Unternehmen auf- oder ausgebaut wird,
- die Angesellten beide Eheleute als „Chef“ ansehen,
- beide Ehegatten im Briefkopf stehen,
- beide Ehepartner gegenüber Dritten und Behörden als Unternehmer auftreten,
- gemeinsame Aufnahme von Geschäftskrediten.
Beendigung der „konkludenten Ehegatteninnengesellschaft“.
Natürlich kann ein Anspruch auch erst entstehen, wenn die konkludente Ehegatteninnengesellschaft beendet ist. Da die Gesellschaft konkludent „gegründet“ wurde, kann sie auch konkludent „gekündigt“ werden, etwa durch die Beendigung der Mitarbeit in dem Betrieb des Ehegatten im Zuge der Trennung.
Wurde dem Ehepartner Geld überlassen, so sollte zur Dokumentation der „Beendigung“ der Ehegatteninnengesellschaft möglichst schriftlich „gekündigt“ werden.
Verjährung des Anspruchs.
Ansprüche aus der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft verjähren in drei Jahren ( § 195 BGB ). Die Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres, in dem die Zusammenarbeit der Ehegatten ( Trennung) endet.
Ansprüche bei beendeter konkludenter Ehegatteninnengesellschaft.
Wenn alle Hürden genommen sind und von dem Vorliegen einer inzwischen beendeten konkludenten Ehegatteninnengesellschaft auszugehen ist, stellt sich natürlich die Frage, was für Ansprüche daraus hergeleitet werden können.
Dingliche Ansprüche, also Herausgabe- oder Übereignungsansprüche bestehen nicht.
Erlangt werden kann lediglich ein finanzieller Ausgleich.
Bei einem gemeinsam geführten Unternehmen ist grundsätzlich von dem hälftigen bilanzierten Gesellschaftsvermögen auszugehen. In Einzelfällen kann auch eine andere als hälftige Aufteilung gerechtfertigt sein. Da ist es an uns Anwälten dazu entsprechend vorzutragen und Anhaltspunkte sowie Nachweise für eine abweichende Quote vorzutragen.
Es muß also zunächst der Unternehmenswert festgestellt und dann die Quote ermittelt werden.
Eine gesonderte Geltendmachung von erbrachten Einlagen und Arbeitsleistungen ist nicht möglich.
Außer Ansprüchen aus konkludenter Ehegatteninnengesellschaft können auch noch Ansprüche aus ehebezogenen Zuwendungen und solche aus einem Familienrechlichen Kooperationsvertrag bestehen. Auch dieses sind rechtliche Konstruktionen des Nebengüterrechts. Hierzu erfahren Sie in einem meiner nächsten Artikel mehr.
Wenn auch Sie denken, dass sie bei vereinbarter Gütertrennung solche nebengüterrechtlichen Ansprüche haben könnten, dann wenden Sie sich gerne an mich. Ich berate Sie und setze gegebenenfalls solche Ansprüche für Sie durch. Ihre Fachanwältin im Familienrecht in Sandhausen, Heidelberg, Walldorf, Mannheim, Wiesloch, Schwetzingen, Nußloch, Leimen und Umgebung.