Ehegattenunterhalt bei gehobenen Einkommensverhältnissen
Die Höhe des nach Trennung und Scheidung geschuldetetn Unterhalts bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Dies ist in § 1578 Abs. 1, S. 1 BGB normiert.
Doch wie ist das zu verstehen?
Wenn man aufgrund hoher Einkünfte und eines beträchtlichen Vermögens des Ehepartners während der Ehe in einer Villa lebte, Hausangestellte hatte, Pferde besaß, etc. , hat man dann auch Anspruch darauf, dass der Ehepartner einem diesen Lebensstandard auch nach der Trennung weiter finanziert?
Gibt es Grenzen?
Wenn ja, wo liegen die?
Mit diesen Fragen beschäftige ich mich in der Folge.
Grundsätzliches zur Unterhaltsberechnung
Bei der Bemessung des Trennungs- und nachehelichen Ehegattenunterhalts gilt grds. der Halbteilungsgrundsatz. Das heißt, dass jedem Ehegatten die Hälfte des verteilungsfähigen Gesamteinkommens zusteht.
Beispiel:
Der Ehemann erzielt ein bereinigtes Nettoeinkommen i. H. von 3.000, -€ und die Ehefrau eines i. H. von 1.400,- €.
Dann beträgt das Gesamteinkommen 4.400,- € .
Die Hälfte hiervon, mithin 2.200,- € ist der Unterhaltsbedarf der Ehefrau. Das muß ihr nach der Trennung zur Verfügung stehen.
Da sie selbst 1.400,- € verdient hat sie noch einen Anspruch auf Zahlung von 800,- € Unterhalt gegenüber ihrem Ehemann.
Wenn unter Bezugnahme auf das Beispiel nun der Ehemann monatliche Einkünfte i. H. von 15.000,- € erzielt würde das bedeuten, dass der Ehefrau ein Unterhaltsanspruch i. H. von (15.000,- plus 1.400,- € gleich 16.400,- € mal 1/2 gleich 8.400,- € minus 1.400,- € ) 7.000,- € zustünde.
Kann das sein?
Um diese Frage zu beantworten muß man hinterfragen, welchen Zweck der Unterhalt nach dem Willen des Gesetzgebers erfüllen soll.
Unterhalt und Lebensbedarf
Der Unterhalt soll der Deckung des in der Ehe gelebten Lebensbedarfes dienen. Er soll also das abdecken, was der den Unterhalt beanspruchende Ehegatte während der Ehe monatlich ausgegeben hat.
Er ist aber nicht dazu bestimmt, dass der Ehepartner hiervon Vermögen bilden kann.
Natürlich kann der Lebensbedarf bei gehobenen Einkommensverhältnissen auch mehrere tausend Euro betragen.
Andererseits ist bei gehobenen Einkünften üblicherweise auch davon auszugehen, dass ein Teil davon nicht zur Deckung des Lebensbedarfs sondern zur Vermögensbildung ausgegeben wird.
Diesen Umständen wird jedoch mit einer strikten Durchführung des Halbteilungsgrundsatzes in keinster Weise Rechnung getragen.
Aus diesem Grunde mußte für solche Fälle eine Möglichkeit der Begrenzung der Unterhaltshöhe geschaffen werden. Andererseits sollte jedoch auch der Umstand berücksichtigt werden, dass das Konsumverhalten individuell sehr unterschiedlich ist.
Die relative Sättigungsgrenze
Es stellt sich zunächst einmal die Frage, ab welchem Einkommen üblicherweise davon auszugehen ist, dass ein Teil desselben nicht für den Konsum sondern zur Vermögensbildung ausgegeben wird.
Da Juristen sich selten einig sind, gibt es bisher keine bundesweit einheitliche Einkommensgrenze, ab der von dem Halbteilungsgrundsatz abgewichen wird. Die einzelnen Oberlandesgerichte gehen hier von unterschiedlichen Unterhaltsbedarfsbeträgen aus, ab welchen eine pauschale Berechnung nicht mehr zulässig ist. Sie liegt ungefähr in einem Bereich von 2.200,- € bist 3.000,- €.
Immer mehr setzt sich die Auffassung durch, dass der Höchstbetrag der Düsseldorfer Unterhaltstabelle zur Bemessung der relativen Sättigungsgrenze heranzuziehen ist.
So ist bei der Berechnung des Kindesunterhalts nach der derzeit gültigen Düsseldorfer Unterhaltstabelle ( Stand 01.01.2016 ) ab einem Einkommen des Unterhaltsschuldners von über 5.100,- € eine konkrete Berechnung des Kindesunterhaltsbedarfs vorzunehmen.
Viele Oberlandesgerichte halten nun diese derzeit 5.100,- € auch für einen Betrag, ab dem davon auszugehen ist, dass die Eheleute, denen mehr als das monatlich zur Verfügung steht, einen Teil der Einkünfte zur Vermögensbildung verwenden.
Unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes heißt das, dass der Unterhaltsgläubiger, der einen Unterhaltsbedarf von mehr als ca. 2550,- € geltend macht, sich nicht mehr auf den Halbteilungsgrundsatz berufen kann.
Doch wie ist dann der Unterhaltsbedarf darzulegen?
Die konkrete Berechnung des Unterhaltsbedarfs
Wer in der Ehe in gehobenen Verhältnissen gelebt hat, der kann seinen Lebensstandard mit rund 2.500,- € nicht halten.
Um mehr zu bekommen, muß er seinen konkreten, in der Ehe gelebten, Bedarf darlegen.
Er muß also aufführen, welche Beträge er im Monat für die einzelnen Lebensbereiche ausgibt.
Darunter fallen durchschnittliche Kosten für Lebensmittel, Kleidung, Kosmetik, Friseur, Restaurantbesuche, Kraftfahrzeug einschließlich Rücklagenbildung für den Neuerwerb, Reisen und Erholungsurlaube, Aufwendungen für Personal und Freizeitgestaltung, Telefon und Zeitschriften.
Selbst Kosten für kosmetische Operationen wurden seitens des BGH anerkannt ( BGH XII ZR 178/09 ).
Im Einzelfall kann hier ein Bedarf von monatlich 5.000,- € und mehr nachgewiesen und dann auch durchgesetzt werden.
Unberücksichtigt bleiben bei einer solchen konkreten Berechnung Kosten für eine zu aufwendige Lebensfürung, wie auch ein übertriebenes Sparen. Wer also mit einem reichen Geizhals verheiratet war muß sich bei der Bemessung seines Unterhaltsbedarfs nicht darauf verweisen lassen, dass er sich während der Ehe auch nichts leisten konnte, bzw. durfte. Maßstab ist hier neben der konkreten Darlegung des Bedarfs auch die objektive Anschauung eines vernünftigen Betrachters.
Das Gericht hat im Zweifelsfall auch die Möglichkeit den Bedarf zu schätzen.
Um zu vermeiden, dass durch so eine Schätzung Nachteile in Form eines den tatsächlichen Bedarf nicht deckenden ausgeurteilten Unterhalts zu vermeiden empfiehlt es sich daher, die einzelnen Bedarfspositionen detailiert darzulegen und im Bestreitensfall auch zu belegen.
Das OLG Frankfurt hat in seinen Unterhaltsleitlinien eine vereinfachte Berechnung des konkreten Unterhaltsbedarfs festgelegt. Danach muß der Unterhaltsberechtigte nur darlegen, wie hoch das in der Ehe zur Verfügung stehende Gesamteinkommen war und welcher Betrag hiervon monatlich für die Vermögensbildung aufgewandt wurde. Der Betrag für die Vermögensbildung wird dann von dem Gesamteinkommen abgezogen und der Unterhaltsbedarf dann nach dem Halbteilungsgrundsatz von dem verbleibenden Einkommen berechnet.
Bei dieser Form der Unterhaltsberechnung ist dem Unterhaltsverpflichteten anzuraten genau zu überprüfen, ob auch alle Aufwendungen zur Vermögensbildung abgezogen wurden.
Unberücksichtigt bleiben bei der Bedarfsberechnung die Aufwendungen für Alters- und Krankenvorsorge. So sind bspw. die Kosten für eine bereits bestehende private Krankenversicherung zusätzlich geltend zu machen.
Der Altersvorsorgeunterhalt bemisst sich grds. nach der Bremer Tabelle und ist ebenfalls neben dem konkret ermittelten Elementarunterhalt geltend zu machen und zu zahlen.
Bei der Ermittelung des nachehelichen Ehegattenunterhalts sind natürlich die gesetzlich normierten Unterhaltsbegrenzungen zu berücksichtigen. D. h., dass der hohe und sich an dem konkreten Bedarf orientierende Unterhalt nach der Scheidung meist nicht mehr langfristig geschuldet ist. Eine Lebensstandardgarantie nach dem Motto:
“ Einmal Chefarztgattin, immer Chefarztgattin“
gibt es längst nicht mehr. Hier gilt das Prinzip der Eigenverantwortung.
Fazit:
Bei guten Einkommensverhältnissen muß der Unterhaltsberechtigte seinen individuellen, den ehelichen Lebensverhältnissen angepassten, Bedarf darlegen. Dies führt in der Praxis oft zu Schwierigkeiten und sollte immer in die Hände eines erfahrenen Fachanwalts gelegt werden.
Für den Zeitraum des Trennungsjahres, in dem ja die ehelichen Lebensverhältnisse alleiniger Maßstab für die Unterhaltsberechnung sind, wäre es meiner Auffassung nach sinnvoll nach der Methode des OLG Frankfurt zu verfahren. Dies vereinfacht die Ermittelung des Unterhaltsbedarfs und beschleunigt damit auch die Unterhaltsverfahren.
Sollten Sie selbst vor dem Problem stehen, Ihren konkreten Unterhaltsbedarf darlegen zu müssen, oder Fragen hierzu haben, so wenden Sie sich an mich. Ich beantworte Ihre Fragen und ermittele auch gerne Ihren Unterhaltsbedarf mit Ihnen zusammen.
Ihre Fachanwältin im Familienrecht in Heidelberg, Mannheim, Sandhausen, Schwetzingen und Umgebung.