Das Thema Kindesunterhalt ist bereits im nationalen Kontext komplex, doch wird es erheblich komplizierter, wenn der Unterhaltsschuldner im Ausland lebt. Für Eltern, Gerichte und Anwälte stellt sich in solchen Fällen die Frage, wie der Unterhalt berechnet, durchgesetzt und ggf. angepasst werden kann. In diesem Artikel gebe ich einen Überblick über die wichtigsten rechtlichen Grundlagen und praktische Hinweise für den Umgang mit grenzüberschreitendem Kindesunterhalt.
1. Rechtliche Grundlagen im internationalen Kontext
Die Regelungen zum Kindesunterhalt bei grenzüberschreitendem Aufenthalt des Schuldners sind vor allem durch das Haager Übereinkommen über die auf Unterhaltsansprüche anzuwendenden Gesetze (Haager Unterhaltsübereinkommen) sowie durch die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 (Brüssel Ia-Verordnung) geregelt.
- Haager Übereinkommen (2007): Dieses Abkommen regelt die Zuständigkeit, das anwendbare Recht und die Anerkennung sowie Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen zwischen den Vertragsstaaten. Es gilt für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie für einige weitere Staaten.
- Brüssel Ia-Verordnung (2009): Sie legt fest, welches Gericht in grenzüberschreitenden Fällen zuständig ist. Bei Unterhaltsansprüchen ist in der Regel das Gericht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes zuständig.
2. Zuständigkeit und anwendbares Recht
Wenn der Unterhaltsschuldner im Ausland lebt, ist zunächst zu klären, welches Gericht zuständig ist. Grundsätzlich ist das Gericht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes zuständig. Das bedeutet, dass in Deutschland das Familiengericht am Wohnort des Kindes entscheidet.
Das anwendbare Recht richtet sich nach dem Internationalen Privatrecht. Bei grenzüberschreitendem Unterhalt gilt meist das Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das kann auch das Recht des Staates sein, in dem der Schuldner lebt, wenn dies im Einzelfall so vereinbart wurde.
3. Durchsetzung des Unterhalts im Ausland
Die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen im Ausland ist häufig die größte Herausforderung. Hier kommen die internationalen Abkommen ins Spiel:
- Vollstreckung im Ausland: Dank des Haager Übereinkommens und der EU-Verordnungen können Unterhaltstitel, die in Deutschland erlassen wurden, in anderen Vertragsstaaten anerkannt und vollstreckt werden. Das bedeutet, dass ein in Deutschland ergangener Unterhaltstitel auch in einem anderen Land vollstreckt werden kann.
- Internationale Beratung: Es ist ratsam, frühzeitig einen Fachanwalt für Familienrecht mit internationaler Erfahrung zu konsultieren, um die geeigneten Schritte einzuleiten und die Durchsetzung zu sichern.
4. Anpassung und Beendigung des Unterhalts
Ändern sich die finanziellen Verhältnisse des Schuldners im Ausland, kann eine Anpassung des Unterhaltsanspruchs notwendig sein. Hierfür ist ein Antrag auf Abänderung beim zuständigen Gericht erforderlich, das dann das anwendbare Recht prüft.
5. Praktische Hinweise für Betroffene
- Rechtzeitig handeln: Bei grenzüberschreitendem Unterhalt ist es wichtig, frühzeitig rechtliche Schritte einzuleiten, um Ansprüche zu sichern.
- Dokumentation: Sämtliche Unterlagen, Zahlungsbelege und gerichtliche Entscheidungen sollten sorgfältig aufbewahrt werden.