
Seit der Unterhaltsreform wird von geschiedenen Frauen, die Kinder betreuen, die älter als 3 Jahre sind, grundsätzlich eine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt. D. h., daß, sobald das jüngste Kind drei Jahre alt ist, ein Unterhaltsanspruch wegen der Betreuung der Kinder nur dann und in dem Umfang gegeben ist, in dem nachweislich eine Fremdbetreuung nicht möglich, oder dem Kind aus darzulegenden Gründen nicht zumutbar ist.
Daneben kann der Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB über das dritte Lebensjahr hinaus bestehen, wenn es der Mutter aus in der Ehe liegenden Gründen, also bspw. weil sie auf Wunsch des Ehemannes nicht erwerbstätig war, sondern sich allein der Kinderbetreuung gewidmet hat, nicht oder nur teilweise zumutbar ist, zu arbeiten.
Nunmehr hat der BGH eine aus Sicht der Mütter, die bereit sind die extreme Doppelbelastung einer vollschichtigen Arbeit und der Betreuung von minderjährigen Kindern auf sich zu nehmen, erfreuliche Entscheidung getroffen, wonach diese Mütter oftmals ihr Einkommen nicht voll bei der Bemessung ihres Unterhaltsanspruchs anrechnen lassen müssen.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beteiligten heirateten im August 2002. Im Oktober 2003 und im August 2005 wurden die Töchter E. und M. geboren. Im Jahr 2010 trennten sich die Eheleute und der Ehemann bekam mit seiner neuen Partnerin im Juli eine weitere Tochter G.
Die Ehefrau hat in der Trennungszeit eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen und dann ab Juni 2011 begonnen vollschichtig in ihrem erlernten Beruf als Einzelhandelskauffrau zu arbeiten. Die Kinder besuchen nach der Schule eine Ganz- tageseinrichtung und werden danach noch von der Oma mütterlicherseits gegen ein Entgeld betreut.
Im Zuge des Scheidungsverfahrens hat die Kindesmutter 1221,22 € Unterhalt geltend gemacht.
Das erstinstanzlich mit dem Fall beschäftigte Amtsgericht gab dem Antrag weitestgehend statt und verurteilte den Ehemann zur Zahlung von 861,- € Unterhalt. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde hin änderte das OLG Düsseldorf die Entscheidung ab und verurteilte den Ehemann zu weit geringeren, zeitlich gestaffelten und bis zum 30.06.2015 befristeten Unterhaltszahlungen. Es vertrat die Auffassung, daß die Tatsache, daß die Kindesmutter vollschichtig arbeite impliziere, daß die Betreuung der Kinder kein Hindernis bei für diese bei der Ausübung der Erwerbstätigkeit sei. Es legte das tatsächlich erzielte Einkommen der Mutter der Unterhaltsberechnung zugrunde.
Der im Rahmen einer zugelassenen Rechtsbeschwerde letztinstanzlich mit der Angelegenheit betraute BGH sieht dies anders. Auch dann, wenn eine vollschichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, können Einschränkungen durch das Erfordernis der Kindesbetreuung vorliegen, die dazu führen, daß das erzielte Einkommen nur zum Teil auf den Unterhaltsbedarf angerechnet wird. Wenn kind- oder elternbezogene Gründe einer vollschichtigen Tätigkeit eigentlich entgegenstehen ist das erzielte Einkommen zum Teil überobligatorisch und damit anrechnungsfrei.
Damit wird Fleiß und das Auf-Sich-Nehmen der extremen Doppelbelastung von Beruf und Kinderbetreuung zumindest in gewissem Umfang belohnt.
Ob und in welchem Umfang solche Gründe vorliegen ist in jedem Einzelfall detailliert zu prüfen.
Daher verwies der BGH den Fall zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das OLG zurück.
Wichtig ist auch der Hinweis des BGH darauf, daß auch dann, wenn neben dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt noch andere Unterhaltstatbestände ( Hier Aufstockungsunterhalt nach §1573 Abs. 2 BGB) gegeben sind, die Rangordnung nach dem (höchstrangigen) Betreuungsunterhalt zu erfolgen hat. Der Unterhaltsanspruch fällt dann insgesamt in den zweiten Rang hinter dem Minderjährigenunterhalt. Damit ist die Ehefrau mit der Mutter des Kleinkindes G. gleichrangig, d.h. wenn der Kindesvater nicht beide Unterhaltsansprüche voll bedienen kann, erhalten sie anteilig Unterhalt.