Ein Soldat ging morgens um kurz nach 7 Uhr über einen vor der Kaserne befindlichen Fußgängerüberweg. Hierbei trug er eine Tarnuniform. Als er bereits in der Mitte des Überweges war, wurde er von einem Auto erfasst und schwer verletzt.
In dem von ihm zunächst vor dem LG Ingolstadt geführten Verfahren, in welchem er Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machte, wurde ihm ein Mitverschulden i. H. von 50 % angerechnet, mit der Begründung, er habe, ohne den herannahen- den Verkehr zu beachten den Fußgängerüberweg überquert, wobei er aufgrund seiner Kleidung, Dunkelheit und schlechter Witterung selbst schlecht zu erkennen war.
Dem Einwand des Klägers, der beklagte Autofahrer sei mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren, schenkte das Gericht keine Beachtung und ging auch einem diesbezüglichen Beweisangebot des Klägers nicht nach.
Die Beklagten wandten ein, der Kläger sei plötzlich quasi aus dem Nichts im Lichtkegel des Scheinwerfers aufgetaucht. Trotz einer sofort eingeleiteten Vollbremsung hätten sie einen Zusammenstoß nicht mehr vermeiden können.
Das OLG München wies die vom Kläger gegen die erstinstanzliche Entscheidung eingelegte Berufung zurück und legte eine Haftung von nur 40% auf Beklagtenseite zugrunde. Die Revision wurde nicht zugelassen. Hiergegen ging der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde vor. Er wandte die Verletzung des rechtlichen Gehörs ein. Dies begründete er damit, daß sein dahin-gehender Vortrag, der beklagte Fahrer sei zu schnell gefahren, nicht beachtet wurde.
Der BGH gab ihm recht.
Wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs hob der BGH die Entscheidung des OLG München auf und verwies den Rechts- streit zur erneuten Verhandlung an das OLG zurück.
Der Einwand des Klägers, der beklagte Autofahrer sei mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen, sei entscheidungs- erheblich. Hierdurch werde ein Mitverschulden des Klägers an dem Unfallgeschehen verringert, wenn nicht gar ausgeschlossen. Auch der Sachverständige habe, was das Berufungsgericht ebenfalls unberücksichtigt ließ, in seinem Gutachten festgestellt, daß das Beklagtenfahrzeug im Zeitpunkt des Zusammenpralls mit dem Kläger noch eine Geschwindigkeit von 45 bis 50 kmh hatte, obwohl der Fahrer vor dem Unfall noch eine Vollbremsung eingeleitet hatte. Das sei zumindest ein Indiz für eine überhöhte Aus- gangsgeschwindigkeit, dem das Berufungsgericht hätte nachgehen müssen. Es hätte daher die klägerseits angebotenen Zeugen zu der Ausgangsgeschwindigkeit des Beklagtenfahrzeugs hören müssen.
Nicht zuletzt wies der BGH das OLG München auch darauf hin, daß es sich bei dem Schmerzensgeldanspruch und dem An- spruch auf Ersatz des materiellen Schadens um prozessual selbständige Ansprüche handelt, die dem Verbot der reformatio in peius (Verschlechterungsverbot) unterliegen, so daß das OLG dem Kläger nicht weniger zusprechen darf, als das erstinstanzliche Gericht.