Patchwork-Familien und die mit dieser Familienstruktur verbundenen Probleme
In den Patchwork-Familien leben Erwachsene mit Kindern aus früheren Beziehungen zusammen. Auch ich selbst bin schon Patchwork-Familien-erprobt und kenne die damit verbundenen tatsächlichen und rechtlichen Probleme.Inzwischen wird mehr als jede dritte Ehe geschieden. Oft sind Kinder von diesen Trennungen betroffen. So kommt es, dass inzwischen die Patchwork-Familie der dritthäufigste Familientyp nach der „Kernfamilie“ und den Alleinerziehenden ist.
Gerade für Kinder ist es oft schwierig, eine solche neue Familie zu akzeptiern. Sie wollen ja eigentlich, dass ihre „richtige“ Mama und ihr „richtiger“ Papa wieder mit ihnen zusammenleben. Geht das schon nicht, so wollen sie wenigstens den Elternteil, bei dem sie leben, für sich alleine haben. Bei Kindern ab ca. 6 Jahren kommen auch oft noch schwere Loyalitätskonflikte hinzu. Sie fühlen sich wie „Verräter“ an dem nicht mit ihnen zusammenlebenden Elternteil, wenn sie den Stiefelternteil mögen. Hier gilt es Geduld und Durchhaltevermögen zu zeigen.
Sorgerecht in Patchwork-Familien
Der Stiefelternteil bekommt häufig von den Kindern zu hören:
„Du hast mir gar nichts zu sagen!“
Stimmt das?
Leider ja,
wenn ihm nicht Vollmachten erteilt werden hat er kein Recht, Entscheidungen für das Stiefkind, mit dem er zusammenlebt und zu dem er oft auch eine enge Bindung hat, zu treffen. Die Trennung der leiblichen Eltern ändert nichts an dem ihnen zustehenden gemeinsamen Sorgerecht. Auch der nicht mit dem Kind zusamenlebende Elternteil ist weiterhin berechtigt und verpflichtet, wesentliche Entscheidungen im Leben des Kindes (Kindergarten, Einschulung, Auswahl der weiterführenden Schule, Einrichtung eines Kontos, planbare Operationen, etc.) mit dem anderen Elternteil zusammen zu treffen. Lediglich die Entscheidungen des täglichen Lebens trifft der Elternteil, bei dem das Kind lebt.
Nun ist es oftmals so, dass der Stiefelternteil einen großen Anteil an der Betreuung des Kindes übernimmt. Da ist es natürlich nicht gerade sinnvoll, wenn er nicht einmal dafür sorgen darf, dass das Kind rechtzeitig ins Bett geht, die Zähne putzt, zur Schule geht, etc. Diese mißliche Situation kann jedoch bei gemeinsamem Sorgerecht nur dadurch behoben werden, dass beide leiblichen Elternteile dem Stiefelternteil eine Vollmacht erteilen. Ein solches Vollmachtsformular können Sie mit Hilfe eines Anwalts, des Jugendamtes oder auch in Eigenregie erstellen. Es muß beinhalten, dass der Stiefelternteil alle oder auch genau bezeichnete Entscheidungen des täglichen Lebens alleine treffen darf. Zudem muß es von beiden leiblichen Elternteilen unterschrieben werden. Die Einzelheiten ergeben sich aus § 1687 b BGB:
§ 1687b
Sorgerechtliche Befugnisse des Ehegatten
(1) Der Ehegatte eines allein sorgeberechtigten Elternteils, der nicht Elternteil des Kindes ist, hat im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes. § 1629 Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend.
(2) Bei Gefahr im Verzug ist der Ehegatte dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der sorgeberechtigte Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.
(3) Das Familiengericht kann die Befugnisse nach Absatz 1 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
(4) Die Befugnisse nach Absatz 1 bestehen nicht, wenn die Ehegatten nicht nur vorübergehend getrennt leben.
Einfacher ist es, wenn der Elternteil, mit dem das Kind zusammenlebt, das alleinige Sorgerecht hat. Dann kann er auch alleine dem Partner diese Vollmacht erteilen.
Für die eingetragene Lebenspartnerschaft gilt dasselbe. Auch hier kann der Lebenspartner entsprechend bevollmächtigt werden.
Auf nichteheliche Lebensgemeinschaften ist § 1678b BGB nicht anwendbar. Hier kann der nichteheliche Lebenspartner nur vom alleinsorgeberechtigten Elternteil bevollmächtigt werden.
Kindesunterhalt
Wie steht es mit der Unterhaltspflicht des mit dem Kind zusammenlebenden Stiefelternteils?
Unterhaltspflichtig sind nach § 1601 BGB nur Verwandte in gerader Linie. Stiefeltern sind daher nicht unterhaltspflichtig. Hier bleibt es auch nach der Eheschließung von einem leiblichen Elternteil mit einem neuen Partner dabei, dass der andere, nicht mit dem Kind zusammenlebende, leibliche Elternteil barunterhaltspflichtig ist.
Lediglich dann, wenn der leibliche Elternteil, bei dem das Kind lebt, Arbeitslosengeld II beantragt, wird das Einkommen des Stiefelternteils unterhaltsrechtlich berücksichtigt, weil auch bei Patchwork-Familien eine Bedarfsgemeinschaft besteht.
Einbenennung des Kindes
Nimmt ein Elternteil nach erneuter Heirat den Namen des neuen Ehegatten an, ändert das nichts an dem Nachnamen des Kindes. Dieses behält seinen bisherigen Namen. Wenn das Kind keinen oder nur wenig Kontakt zu dem anderen leiblichen Elternteil hat und sich in der neuen Familie wohlfühlt, wird es wahrscheinlich den Wunsch haben, auch so zu heißen, wie die übrigen Familienmitglieder. Ebenso kann auch der leibliche Elternteil wünschen, dass das Kind den Namen der Familie trägt.
Hat der mit dem Kind zusammenlebende Elternteil die alleinige elterliche Sorge, so kann er zusammen mit seinem Ehegatten zum Standesamt gehen und dort die Einbenennung des Kindes erklären. Auch ein Doppelname ist möglich. Ist das Kind älter als 5 Jahre, so muß es selbst auch in die Namensänderung einwilligen.
Bei gemeinsamem Sorgerecht ist auch die Zustimmung des anderen leiblichen Elternteils erforderlich.
Die Einbenennung ist gesetzlich in § 1618 BGB geregelt.
§ 1618
Einbenennung
Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein unverheiratetes Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, können dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ihren Ehenamen erteilen. Sie können diesen Namen auch dem von dem Kind zur Zeit der Erklärung geführten Namen voranstellen oder anfügen; ein bereits zuvor nach Halbsatz 1 vorangestellter oder angefügter Ehename entfällt. Die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens bedarf der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht oder das Kind seinen Namen führt, und, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat, auch der Einwilligung des Kindes. Das Familiengericht kann die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden. § 1617c gilt entsprechend.
Erteilt bei gemeinsamem Sorgerecht der andere Elternteil seine Zustimmung nicht, so kann diese auf Antrag durch ein Gericht ersetzt werden. Maßgeblich ist hier, ob die Einbenennung aus Gründen des Kindeswohls erforderlich ist.
Die Gründung von Patchwork-Familien ist in jedem Fall eine Herausforderung für alle Beteiligten. Doch sie hat, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, auch sehr viele schöne Erlebnisse in petto.