und welche Folgen das für die betroffenen Kinder im weiteren Leben haben kann.
Foto: dmitrimaruta – FotoliaKindesmisshandlung ist definiert als eine „nicht zufällige körperliche und/oder seelische Schädigung, welche zu Verletzungen, Entwicklungsstörungen oder sogar zum Tode führt“.
Sie kann in Form körperlicher Gewalt, seelischer Gewalt, Vernachlässigung und in der Form des sexuellen Missbrauchs geschehen.
Tatort ist die eigene Familie oder das nahe Familienumfeld.
Statistiken belegen, dass auch heute noch knapp ¼ aller 6 – 16 jährigen mit Gewalt aufwachsen – das sind fast 3 Millionen Kinder in Deutschland. Körperliche Gewalt wird von Eltern auch heute zum Teil immer noch als legitimes Mittel zur Erziehung angesehen.
Dies, obwohl im November 2000 § 1631 Abs. 2 BGB in Kraft getreten ist, welcher lautet: „Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ Jedes Kind hat damit ein gesetzlich normiertes Recht auf eine gewaltfreie Erziehung.
Dennoch müssen viele Kinder auch heute noch Stichverletzungen, Würgen, Treten, Boxen, Schütteln und gegen Wände geworfen werden, ertragen. Ebenso Verbrühungen und Unterkühlungen gehören leider immer noch zu der gegen Kinder angewandten körperlichen Gewalt.
Insbesondere Säuglinge und Kleinkinder müssen oft schwerste körperliche Misshandlungen erleiden und zwar in häufiger Wiederholung.
Fälle wie Kevin aus Bremen, Lea-Sofie aus Schwerin und Chantalle aus Hamburg haben traurige Berühmtheit erlangt – sie starben durch Vernachlässigung und Gewalt.
Neben der körperlichen Gewalt, wird häufig auch seelische/emotionale Gewalt gegenüber Kindern ausgeübt.
Dies sind Handlungen am Kind welche zur Zerstörung des Vertrauens zwischen dem Kind und dessen Bezugsperson führen und die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes ganz massiv behindern.
Solch psychische Gewalt erleidet ein Kind z.B:., wenn ihm permanent das Gefühl von Ablehnung vermittelt wird, bspw. in dem es verglichen, gedemütigt, klein gemacht oder verspottet wird. Darüber hinaus sind Überforderung oder Bestrafung durch Liebesentzug, Gleichgültigkeit und Ignoration Formen der seelischen Gewalt. Auch Handlungen, durch die dem Kind bewusst Angst gemacht wird, wie bspw. das Einsperren in einem dunklem Raum, Drohungen und Isolation, kann einKind nicht verarbeiten und sind, ebenso wie zu wenig oder gar keine körperliche Nähe (Streicheln, Umarmen, Kuscheln) seelische Gewalt.
Eine weitere Form der Gewalt gegen Kinder ist der sexuelle Missbrauch. Er liegt dann vor, wenn ein Erwachsener oder Jugendlicher ein Kind gezielt für seine eigene sexuelle Befriedigung benutzt. Das Kind kann aufgrund seines Entwicklungstandes diese Handlung nicht verstehen und zu ihnen auch kein wissentliches Einverständnis geben.
Formen des sexuellen Kindesmissbrauchs sind zum Beispiel das Berühren des Kindes an den Geschlechtsteilen, Aufforderungen zu sexuellen Handlungen am Täter oder der Täterin, oder auch am eigenen Körper, oraler, vaginaler oder analer Geschlechtsverkehr und das Einführen von Fingern oder Gegenständen.
Auch Exhibitionismus, sexualisierte Bemerkungen oder das Vorführen pornografischer Bilder oder Filme sind Formen sexuellen Kindesmissbrauchs.
Dieser Missbrauch ist neben der körperlichen Gewalt schwerste seelische Gewalt. Das Kind erlebt einen extremen Vertrauensmissbrauch und eine totale Verwirrung seiner kindlichen Gefühle. Meist wird es ja von einem Menschen missbraucht, den das Kind trotz allem liebt. Aufgrund dessen steht das Kind auch unter enormem Geheimhaltungsdruck, welches es zur Sprachlosigkeit und Wehrlosigkeit verurteilt und das über viele Jahre, zum Teil sogar für immer. Es ist die wohl am Tiefsten in die Persönlichkeit des Kindes eingreifende Störung, die diesem passieren kann.
Auch die mittelbare Form der häuslichen Gewalt, nämlich in der Weise, dass Kinder Zeugen von Gewalttaten gegen ihre Mutter werden, haben schwere seelische Auswirkungen auf das Kind, welche sich ebenfalls bis in das Erwachsenenalter fortführen.
In meinem letzten Artikel hatte ich geschildert, dass auch heute noch jede 4. Frau zumindest einmal in ihrem Leben Gewalt durch ihren Partner erlebt. Bereits hieraus wird deutlich, wie viele Kinder dies miterleben müssen.
Diese Kinder machen sich Sorgen um ihre Mutter, fühlen sich oft schuldig, weil sie nicht eingreifen, oder aber werden wütend auf ihre Mutter, weil diese die Misshandlung zulässt und nicht sich von dem Papa trennt.
Oftmals erleben diese Kinder die Gewalt auch in direkterer Form, nämlich bspw. dann, wenn ihre Mutter sie auf dem Arm hält, während sie geschlagen wird, oder aber wenn der Täter, meist ja der eigene Vater, sie als „Geiseln“ nimmt, um die Mutter zur Rückkehr zu zwingen.
Solche Kinder entwickeln meist ein geringeres Selbstvertrauen, handeln aggressiver und zugleich auch ängstlicher und können auch gehemmt sein.
Oftmals wird auch die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten durch das Miterleben der Gewalttätigkeiten negativ beeinflusst. Solche Kinder haben oft deutlich geringere sprachliche Fähigkeiten.
Kinder, denen Gewalt in einer der genannten Formen angetan wurde, zeigen zumeist Verhaltungsauffälligkeiten, die von Personen, die Kontakt zu dessen Kindern haben, insbesondere aus dem näheren Umfeld, durchaus erkannt werden können.
Stumme Signale misshandelter Kinder sind bspw.:
Bettnässen, Albträume, nicht mehr Alleinsein wollen, Rückzug in Fantasiewelten, Leistungsabfall in der Schule, babyhafte Verhaltensweisen, plötzlich auftretende Sprachstörungen, unmotivierte Schaukelbewegungen, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, etc.
Wenn Sie solche Symptome bei einem Kind aus Ihrem Umfeld wahrnehmen, dann wenden Sie sich unverzüglich an Fachleute von Beratungsstellen oder Kinderschutzdiensten, oder auch an das Jugendamt. Greifen Sie nicht selbst ein, hierdurch könnten Sie dem Kind weiteren Schaden zufügen.
Sie können sich auch direkt an die Polizei wenden. Dort gibt es auch Spezialisten, die die notwendigen Schritte einleiten und Sie beraten.
Tun Sie nur eins nicht: Gucken Sie nicht weg!
Spätfolgen von Gewalt gegen Kinder
Spätfolgen all dieser Formen der Gewaltausübung gegenüber Kindern sind meist erheblich.
Oftmals werden diese Kinder später im Erwachsenenleben selbst zu gewalttätigen Eltern. Sie haben gelernt, dass man sich mit Gewalt insbesondere gegenüber körperlich schwächeren durchsetzen kann.
Nur etwa 16 % der Eltern, welche selbst als Kind misshandelt, insbesondere geschlagen wurden, können oder wollen sich die hierdurch erlittenen seelischen Verletzungen eingestehen. 84 % behaupten felsenfest, dass ihnen diese Misshandlungen nicht geschadet hätten.
Repräsentative Studien haben ergeben, dass Frauen, die im Kindesalter miterleben mussten, wie ihrer eigenen Mutter körperliche Gewalt angetan wurde, selbst wesentlich häufiger als in gewaltfreien Beziehungen aufgewachsene Frauen selbst Opfer häuslicher Gewalt werden. Das heißt, solche Frauen neigen unbewusst dazu mit gewaltbereiten Männern Beziehungen einzugehen.
Durch die als Kind erlittenen Missbräuche ist bei vielen bis in das Erwachsenenalter hinein eine tiefe Verunsicherung entstanden, welche dann oftmals dazu führt, dass kein Vertrauen mehr zu anderen Menschen aufgebaut werden kann. Missbrauchsopfer fliehen oft vor festen Beziehungen und Bindungen, da sie Angst vor Enttäuschungen haben.
Ein häufig bis in das Erwachsenenalter hinein auftretendes Symptom ist auch ein geringes Selbstwertgefühl. Solche Menschen passen sich oft über ein gesundes Maß hinaus an und scheuen davor zurück, sich abzugrenzen und ihre eigene Meinung zu vertreten.
Des Weiteren kommt es häufig vor, dass Opfer von Kindesmisshandlungen später selbst ein erhöhtes Aggressionspotential aufweisen, welches sich in Gewalttaten gegenüber anderen, oder auch gegen sie selbst in Form von bspw. Autoaggressionen und Suizid wenden kann.
Einen lesenswerten Blogartikel zu den Folgen, die es hat, wenn man als Kind geschlagen wurde, hat auch der Diplom Psychologe Roland Kopp-Wichmann in seinem Persönlichkeitsblog geschrieben.