Das Gesetz sieht als Regelfall auch nach Trennung und Scheidung der Eltern das gemeinsame Sorgerecht für die ehegemeinsamen Kinder vor.
Ein Kriterium für die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist bei gerichtlichen Entscheidungen die fehlende Kommunikationsfähigkeit der Eltern.
Aufgrund dessen wird oftmals in Sorgerechtsstreitigkeiten von dem das alleinige Sorgerecht beantragenden Elternteil vorgetragen, dass aufgrund grundlegender Meinungsverschiedenheiten und ständiger Auseinandersetzungen mit dem anderen Elternteil hinsichtlich der Erziehung und Betreuung des Kindes die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge geboten ist.
Hier hat das OLG Brandenburg nunmehr eine aus meiner Sicht sehr erfreuliche Entscheidung gefällt, welche allein das Kindeswohl, bzw. die Auswirkungen des Elternstreits auf das Kindeswohl als maßgebliches Entscheidungskriterium für die Sorgerechtsentscheidung ansieht (OLG Brandenburg, FamRZ 2014, S. 1380 ff.).
In dem vom OLG Brandenburg zu entscheidendem Fall lebten beide Elternteile in demselben Mehrfamilienhaus in unterschiedlichen Wohnungen. Das knapp 7-jährige Kind hielt sich zu ungefähr gleichen Teilen bei beiden Elternteilen auf.
Die Eltern waren nicht miteinander verheiratet, hatten jedoch eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben.
Beide Elternteile waren vollkommen zerstritten und trugen diese Streitigkeiten auch in Gegenwart des Kindes miteinander aus.
Sie beantragten dann jeder bei dem zuständigen Amtsgericht die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes als Teil der elterlichen Sorge auf sich. Das zuständige Amtsgericht übertrug das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Kindesmutter. Hiergegen legte der Vater Beschwerde beim OLG Brandenburg ein, welches die Entscheidung aufhob und es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge beließ.
Das Gericht führte zur Begründung aus, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge, bzw. die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes als Teil der elterlichen Sorge auf einen Elternteil, nicht erwarten lasse, dass dies zur Beilegung der Zerstrittenheit der Eltern führe und damit dem Kindeswohl am besten entsprechen könnte.
Die fehlende Kommunikationsfähigkeit der Eltern, welche hier in ständigen Streitereien zum Ausdruck kam, rechtfertigt nach Auffassung des OLH Brandenburg nicht die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Dies setzte vielmehr voraus, dass der Streit der Eltern sich zum Einen ungünstig auf das Kindeswohl auswirke und zum anderen, dass durch die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf ein Elternteil zu erwarten ist, dass die Streitereien ein Ende haben.
Nur bei einer dementsprechend günstigen Prognose hinsichtlich der Wirkung der Entscheidung sei es gerechtfertigt, in das grundgesetzlich normierte Elternrecht und das Recht des Kindes, von beiden Eltern erzogen zu werden, einzugreifen.
In dem vom OLG Brandenburg zu entscheidenden Fall sah es das Gericht als erwiesen an, dass die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf einen Elternteil nicht zur Beilegung der Streitigkeiten führt.
Das Kind selbst hatte bei seiner erstinstanzlichen Anhörung erklärt, dass es sich bei beiden Elternteilen gleich wohl fühlt. Diese Aussage wurde auch durch ein eingeholtes Sachverständigengutachten untermauert.
Belastend war für das Kind nur der durch die ständigen Streitereien der Eltern hervorgerufene extreme Loyalitätskonflikt. Beide Elternteile äußerten sich in Gegenwart des Kindes abfällig über den anderen Elternteil.
Das Gericht appellierte dementsprechend, anstatt einer Entscheidung über das Sorgerecht, bzw. die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge zu treffen, an die Eltern, sich mit professioneller Hilfe darum zu bemühen, die gegenseitigen Vorhaltungen zu beenden und ihrem Kind Sicherheit zu vermitteln, dass es im Mittelpunkt steht und beide sich darum bemühen zu seiner Zufriedenheit (der des Kindes) beizutragen.
Anmerkung: Diese Entscheidung rückt begrüßenswerter Weise wieder das Wohl des Kindes und nicht der Eltern als maßgebliches Kriterium für Sorgerechtsentscheidungen in den Fokus.
Es wird – hoffentlich – dazu beitragen, dass zukünftig weniger Eltern sich nach der Trennung dazu veranlasst sehen, den – ehemals je geliebten – Partner, vor dem Kind/den Kindern herabzuwürdigen.